Am nächsten Morgen stand er vor allen anderen auf und ging in den Wald. Trotz aller Anstrengung gelang es ihm aber nicht, mehr als fünfzehn Bäume zu fällen. »Ich muss müde sein«, dachte er. Und beschloss, an diesem Tag gleich nach Sonnenuntergang schlafen zu gehen. Im Morgengrauen erwachte er mit dem festen Entschluss, heute seine Marke von achtzehn Bäumen zu übertreffen. Er schaffte noch nicht einmal die Hälfte.
Am nächsten Tag waren es nur sieben Bäume, und am übernächsten fünf, seinen letzten Tag verbrachte er fast vollständig damit, einen zweiten Baum zu fällen. In Sorge darüber, was wohl der Vorarbeiter dazu sagen würde, trat der Holzfäller vor ihn hin, erzählte, was passiert war, und schwor Stein und Bein, dass er geschuftet hatte bis zum Umfallen.
Der Vorarbeiter fragte ihn: »Wann hast du denn deine Axt das letzte Mal geschärft?« »Die Axt schärfen? Dazu hatte ich keine Zeit, ich war zu sehr damit beschäftigt, Bäume zu fällen.« [aus: Jorge Bucay: Komm, ich erzähl dir eine Geschichte; 2007 Fischer Taschenbuchverlag GmbH]
Zurück in die Gegenwart
Bis heute sind selbst in hochmodernen Betrieben immer noch Kämpfe zwischen Produktions- und Qualitätsmanager*innen zu beobachten. Hartnäckig scheinen sich überlieferte Sichtweisen zu halten, dass Qualitätssteigerung mit steigender Produktivität nicht zu vereinbaren und höhere Qualität mit steigenden Kosten verbunden sei.
Neben verschiedenen Studien belegen viele praktische Erfahrungen hingegen, dass sich die Produktivität mit steigender Qualität signifikant erhöhen kann, weil z. B. Produkte bis zur tatsächlichen Serienreife entwickelt, Prozesse optimiert, die Zusammenarbeit an den Schnittstellen verbessert wurden u. v. m.
Weder Qualität noch Produktivität existieren um ihrer selbst willen. Sie sind Erfolgsfaktoren übergreifender Unternehmensziele. Deren Erfüllung gelingt am besten, wenn Qualität nicht allein Sache von Qualitätsmanager*innen, sondern Herzenssache von allen, in jeder Funktion, an jedem Arbeitsplatz und in der persönlichen Verantwortung jedes Einzelnen ist. Beispielgebend für deutsche Unternehmen wirkt bis heute das Toyota Produktionssystem (TPS), welches für hocheffiziente Produktion, Kosten- und Qualitätsführerschaft mit Hilfe ständiger Verbesserungen auf allen Unternehmensebenen steht.